Wie viele von euch wissen, stehe ich mit einem Fuß in der
indischen Kultur. Als junges Mädchen war es ein Fluch. Heute ist die Mischung
ein Segen für mich. Ich halte das Vermischen unserer Kulturen als eine ganz
besondere Möglichkeit, sich von schwarzen Wolken zu befreien.
Die Industrialisierung kommt an ihre Grenzen und die
Menschen treibt es in die noch intakten Kulturen anderer Länder. Durch Kriege
und Wahnvorstellung ganzer Bevölkerungsgruppen haben wir viel verloren und
vielleicht ist die tatsächliche Lösung, gesunde – intakte Kulturen zu
betrachten und das Beste davon zu übernehmen.
In Berlin brennt die Luft was Zeitgeist anbelangt. Immerhin,
das können sie wirklich gut.
Nun waren wir gestern bei Bernd Kolb und seinem javanischen
Gesprächspartner und schon beim Betreten des Gebäudes nahm die Geschichte ihren
Lauf.
Wir waren zeitig aus Potsdam gestartet, denn um 18:00 sind
in der Regel Berliner Straßen gestopft voll. Überraschenderweise flutschten wir
nur so durch, mit dem Ergebnis, dass wir ca 1 Stunde Wartezeit hatten bis zum
offiziellen Einlass. Also standen wir im Flur rum.
Zunächst gesellte sich ein junges Pärchen zu uns, und nach
geraumer Zeit kam es zu einem netten entspannten Gespräch, gestört von
Besuchern, die nichts anderes taten, als die ganze Zeit „Trepp auf und Trepp ab“
zu steigen. Was unsere Unterhaltung bis dato nicht störte, bis….
…hm, was war das jetzt? Auf jeden Fall hatte es zwei Beinen???
…..diese Ruhe störte!!!
…..diese Ruhe störte!!!
Dieses runde Salon-Accessoire mit Pagenschnitt nahm nicht nur viel Raum mit seiner Physis
ein, sondern gab seltsame Geräusche von sich, sobald es aufhörte zu sprechen.
Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so einnehmend war, wie das dreistöckige
Kaliber neben mir.
Innerhalb von kürzester Zeit wussten alle, auch die
Wartenden im untersten Stockwerk, dass ihr Bruder mit seinem Karma die ganze
Familie zerstörte und ihre Schwester dafür bezahlen müsse.
Ach ja, und damit das auch gleich allen klar wäre…sie ist
eine alte indische Seele im Körper einer…..der Rest ging leider unter....
…denn mein werter Göttergatte sagte ganz leise „.....
Lokomotive“.
Unser Gesprächspartner zur Linken fing lauthals an zu lachen,
während die dreistöckige, kalibrige, indische Dampflock das Lachen auf sich
bezog. Sie hatte den Ausspruch von meinem Göttergatten nicht gehört. Das lag
wahrscheinlich an ihrer selbstgefälligen Blase in der sie sich befunden hatte.
Da dieses überirdische Wesen direkt neben mir stand, zog ich
es vor, ihm den Rücken zu kehren und es zu ignorieren...kein einfaches Unterfangen.
Solche Hamsterräder auf zwei Beinen können
ganz schön böse werden, wenn man ihnen auf die Füße tritt..
Die Zeit verrann und die Türe der Erlösung wollte sich einfach
nicht öffnen. Meine Ohren waren schon ganz verbeult von dem vielen Gesabbel, Geschnaufe
und Gejapse, und ich hätte ihnen gerne für einen Moment Ruhe gegönnt.
Als das indische Ungetüm seine Felle davon schwimmen
sah, weil ihm niemand mehr zuhören konnte, selbst wenn er gewollt hätte,
posaunte es volle Granate in mein rechtes Ohr:
“Das dauert ja ewig…sollen wir
mal rein schauen?“
So….und dann fatzte Frau Oppermann die Hutschnur. Ich drehte
mich langsam zu ihr um. Unsere Gesichter waren maximal 15cm voneinander
entfernt. Mit leiser Stimme hauchte ich in das runde, aufgedunsene Gesicht:
“ Die werden schon
wissen, wie die Türe von Innen aufgeht.“
……Stille!!!!
Dann flog die Türe auf.
An der Kasse saß dieselbe herzliche Frau, die uns die
letzten Male begrüßt hatte. Sie bat alle Besucher, sich an der Kasse anzustellen, was auch alle taten......ähm!!!
Natürlich waren wir die Ersten, denn wir waren ja auch viel
zu früh losgefahren. Bis wir uns jedoch umgedreht hatten, um unsere Plätze auszusuchen,
stürmte das mit Taschen bewaffnete indische Hamsterrad an uns vorbei und
schmiss sich - Arme ausbreitend - in einem rasanten Schleudergang über 5 Stühle….so
was hat die Welt noch nicht gesehen.
„…die sind alle besetzt!“ Schrie es laut in die herannahende
Menge.
Ich stupfte meinen Göttergatten an und zog ihn am Ärmel hinter mir her. Er hatte sich schon zum
Angriff positioniert. Ich hatte zwischenzeitlich auch nette Plätze
gefunden.
Während vor uns zwei Menschen miteinander kommunizierten und
versuchten dem Publikum etwas mitzugeben, fragte ich mich ganz oft, ob der
javanische Prinz das deutsche Publikum für einen undisziplinierten Haufen
hielt, denn ständig flog eine Tür auf., mindestens 15 Personen mussten auf die
Toilette. Andere raschelten mit irgendwelchen Tüten rum oder verschickten SMS,
machten Fotos, rückten mit den Stühlen.... wie die Kinder!!!
...ich habe Hunger...ich habe Durst....wann geht es denn endlich Nachhause...mir ist langweilig!!!
Ich fragte mich, warum diese Menschen überhaupt an so einer
Veranstaltung teilnehmen.
Gegen Ende, wie es sich bei solch einer Veranstaltung
gehört, stimmten alle zu einer gemeinsamen Meditation ein. Bernd Kolb und sein
javanischer Prinz führten die Meditation. Mitten in der Atemvorbereitung und
der tiefen Stille donnerte plötzlich eine völlig hysterische Stimme los:
“Ich will nicht, dass ich
fotografiert werde.“
Bernd Kolb ignorierte diesen Ausbruch von Emotionalität einer einzelnen Person – bewundernswert.
Während der Meditation sollten wir im fortgeschrittenem Stadium unsere Energie mit der des Nachbarn verbinden.
Den Mann neben mir, so dachte ich, kenne ich schon….
Die Dame neben mir hatte ein Magenthema, wofür ich nicht
zuständig sein wollte.
Und darum zog ich es vor, durch den Schornstein zu
entschwinden ;-)))
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