"Western - Reiten"

Heute sind zur Abwechslung mal die anderen dran!

Als ich vor 28 Jahren bei Ute Holm, damals Landsmann erschien, hatte ich schon viele Jahre Reit-Gebuckel hinter mir...ganz klassisch mit vielen offenen Optionen, die ich auch nutzte. Ich bin heute denjenigen immer noch sehr dankbar, die mir die Möglichkeit einräumten, ihre Pferde zu reiten. Ich hatte schon früh sehr viele Pferde geritten...Dressur-, Spring-, Vielseitigkeitspferde...was anderes gab es damals noch nicht, bzw. bei uns im Stall.

Die Spanier und Portugiesen kamen so langsam aus dem sonnigen Süden angefahren und irgendwie faszinierten mich damals die Rasse der Alter Real, aber nicht die spanisch/portugiesische Reitweise.

Als ich auf Ute stieß, war diese Reitweise für mich eine Offenbarung. Zu diesem Zeitpunkt waren die Quarter noch recht klein 1,42m - max. 1.52m und zumindest im Trab sehr unbequem.

Trab??? Das benötigte man damals nicht. Es ging direkt aus dem Schritt in den Galopp. Gymnastizieren??? Das gab es damals nicht. Man setzte sich drauf und ließ die Pferde laufen

Wer das Westernreiten beherrschte brauchte keine Fersen und auch keinen Zügel...ich weiß nicht, wie heute die Regeln der AQHA sind....aber damals flog man raus aus der Prüfung bei Sporeneinsatz und offenem Pferdemaul.
Zu diesem Zeitpunkt erschien mir das zu wenig. Nur das Pferd laufen lassen??? Hm....
Mit den Jahren entwickelte ich mich auch weiter und überlegte mir, was die wahre Kunst des Westernreiten ausmacht. Leider ist das mit der heutigen Turnierreiterei für mich nicht mehr vereinbar. Heute bleibt das Pferd immer auf der Strecke.

Ich wollte einfach mehr und dann hatte ich es gefunden. Die Kür des Westernreitens besteht darin, jeden einzelnen Muskel des Pferdes zu aktivieren, ohne dem Tier seine Freiheit zu berauben, um meine ganz persönlichen Ziele zu erreichen, die eigentlich mit dem Pferd gar nichts zu tun haben.

Was mir heute so begegnet, empfinde ich  eher erschreckend. Da werden anatomisch nicht geeignete Pferde in eine Zwangshaltung gebracht, um - keine Ahnung was - zu erreichen. Es kann nicht erreicht werden, denn das Pferd ist dafür unter Umständen gar nicht gebaut.

Niemand käme auf die Idee mit einem Badmingtonschläger, Tennis zu spielen. Kein Golfinteressierter käme auf die Idee, mit einem Hockeyschläger aufs Grün zu gehen.

(Kein Golfer würde auf das Grün gehen mit einem kaputten Schläger...dieses Extrembeispiel gibt es leider unter den Reitern auch...)

Reiter tun das jedoch. Sie kaufen sich ein Pferd, ohne darüber nachzudenken, was sie damit wollen. Sie denken über den Preis nach und suchen sich danach das Pferd aus. Irgendwann wissen sie - vielleicht - was sie mit ihrem Pferd wollen und zwängen ihr Pferd in eine unpassende Jacke, die da heißt, Leistung - Sport.

Dann wird auf Teufel komm raus trainiert. Ein gutes Sportpferd braucht täglich max. 20min intensives Training. Im Aufbau werden Muskeln und Gehirn trainiert und wenn es die Materie beherrscht, muss es nur noch gelockert werden, bis kurz vor der Show. Übrigens auf Dauer ein langweiliges Unterfangen, weil es immer dasselbe sein muss, unter viel Disziplin. Wer 2 Stunden braucht, sollte sich ernsthaft Gedanken machen, ob er das geeignete Pferd für seinen Anspruch besitzt. Tut es das nicht, sollte er seine Einstellung ändern oder sein Pferd verkaufen.

All diejenigen, die das nicht tun, werden ihr Pferd verschleisen, auf eine, dem Tier unwürdige Art und Weise.

Das Westernreiten heute hat sich stark verändert. Gut gymnastizierte, lockere Pferde am losen Zügel, findet man kaum noch in der Szene. (Noch weniger begegnet man freundlichen gut erzogenen Reitern....sorry!!! Meine persönliche Weltanschauung)

Jedes Pferd hat so seine anatomischen Tücken, aber vielleicht einen super Willen. Ich muss auf seine anatomischen Fehler acht geben und seine Vorzüge in den Vordergrund bringen...beim Menschen nicht viel anders.

Im Training vieler, geschieht das meistens anders herum. Da wird auf der mangelnden Anatomie rumgeritten (die leider nicht verändert werden kann), bis der Wille schwindet. Ist die Motivation weg und der Körperbau gar nicht vorhanden, tauchen sie auf....ganz schleichend....die Erkrankungen.

Der Wunsch in uns nach Freiheit, hat viele zum Westernreiten gebracht. Warum in Drei-Teufels-Namen, gestehen wir uns nicht die Freiheit zu, die Dinge für uns und unser Pferd anders zu entscheiden. Immer wieder lassen wir uns in eine Schublade stecken, versuchen aus dieser Schublade herauszukommen, um in der nächsten zu landen. Wir versuchen uns anzupassen, um dazu zu gehören und hören nicht auf unsere innere Stimme, die da sagt "Tu`es nicht!"

Mir kann keiner erzählen, dass er diese Stimme nicht kennt...erwischt???

Hinter Westernreiten verbirgt sich eine Philosophie der Freiheit. Nutzen wir doch diese Chance und setzen sie um, für uns und unsere Pferde. Wer das begriffen hat, tut sich mit seinen Artgenossen auch leichter.

Womit ich geneigt bin, das nächste Fass auf zu machen....;-))

Heute leiden Menschen unter einem unnatürlichen Kontroll- und Geltungszwang. Ich habe in meiner noch jungen Golfkarriere des Vesuchs, nicht einmal erlebt, dass ein Golfanfänger - der nicht einmal in der Lage war, den Ball zu treffen - zu einem Lehrer ging, und ihm die Welt des Golfschlägers erklärte.

Das gibt es nur bei den Reitern und jeden Tag werden es mehr. Ich weiß, dass das spitz und gemein ist.

Vielleicht möchte der eine oder andere tatsächlich etwas ändern und hat jetzt endlich den Mut, es zu tun. Dann hat sich dieser Text schon gelohnt......und meine Glückwünsche hat er!

Westernreiten bedeutet "Loslassen", "Entschleunigen", "Sich auf das Wesentliche konzentrieren".

Probiert das mal aus, dann werdet ihr automatisch die Zügel lose in eine Hand nehmen können, sitzen bleiben - auch wenn es mal hüpft...und in Gedanken die Sonne putzen...:-)))

Ich frage mich ganz oft, wenn ich Reitern zuschaue, was für einen Mangel er versucht zu kompensieren.

Unsere eigenen inneren Zwänge sind unser Feind. Wenn wir sie aus uns verbannen - und das kann uns das Westernreiten lehren - haben wir die erste Stufe des Glücks erreicht. Wir sind frei und unabhängig und für uns und unser Pferd verantwortlich. Nicht der Trainer, nicht der Arzt, nicht unser Rechtssystem....

...und jetzt hör ich auf, sonst wird es blöd!


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