Kabelsalat

Ich habe in den letzten Wochen sehr viel über das Nervensystem - seine Möglichkeiten der Reaktionen gelernt und nachgedacht, sodass ich heute ein paar Rückschlüsse meiner Beobachtungen zum Besten geben kann, was unter Umständen viele Pferde(lieb)haber irritieren wird. Vor allen Dingen wird es denjenigen zu denken geben, die Pferdeliebe auf Füttern und Putzen reduzieren und das Bedürfnis nach Reiten komplett ausschließen.

Als alte erfahrene Pferdefrau kann ich jedem sagen, dass Reiten mit der Liebe zum Pferd gar nichts zu tun hat, sondern schlicht weg mit unserem eigenen Bedürfnis einhergeht, uns tragen zu lassen und ein Wesen zu beherrschen, das viel stärker und größer ist als wir....Alles andere spielt zunächst eine völlig untergeordnete Rolle.

Das ist das ungeschminkte Gesicht von 25 Jahren Erfahrung mit Pferden, Reitern und die es werden wollen.

Vielleicht hat mal in der Tat jemand beobachtet, wie ein Pferd reagiert, wenn er es besteigen will. Englischreiter haben da einen großen Nachteil, weil sie beim Aufsteigen auf das Hinterteil des Pferdes schauen.

Die Westernreiter schauen immer in Richtung des Pferdekopfes...somit bekommen sie die Reaktion des Pferdes mit, wenn sie es besteigen...sollte man meinen....

Ich schätze, dass...80% der Westernreiter gar nicht bewußt ist, wie das Pferd beim Aufsteigen reagiert....

Es hebt den Kopf. Ein gut trainiertes Pferd hebt nur noch leicht den Kopf, ein williges auch. Ein junges Pferd richtet auch noch die Ohren nach hinten. Drückt ein unerfahrenes Pferd dabei auch noch den Rücken weg, wird es einem kurz das Weiße im Auge zeigen und Gas geben. Denn, ungewohnter Schmerz im Rücken bedeutet "Gefahr".

Das Wegdrücken des Rückens ist eine unwillkürliche Handlung. Was bedeutet das???

Die Schmerzrezeptoren liegen direkt unter der Haut. Diese senden Impulse über die sensiblen Nervenbahnen. Der Schmerz wird direkt an das Rückenmark geleitet. Das spannende daran ist, dass das Rückenmark ohne Zuschaltung des Gehirns reagieren kann. Diese motorischen Nerven befinden sich auf der Oberseite eines Wirbelkörpers - beim Pferd im oberen Rücken - und können direkt aufgrund der Schmerzleitung der Haut reagieren. Es kommt zu einer spontanen Reaktion - dem Rückenwegdrücken.

Wir kennen das vom Fallen, wenn wir unsere Arme im Sturz nach vorne strecken.....eine unwillkürliche Handlung ohne Zuschaltung des Gehirns.

Zurück zum Pferd....

Beim Rückenwegdrücken wird der Kopf angehoben, bedingt durch die Anordnung der Muskulatur und der Tatsache, dass die Muskeln noch kalt sind und nicht auf Dehnung vorbereitet sind. Durch das Anheben des Kopfes, kann es, muss es aber nicht - zu einer willkürlichen Schmerzreaktion in Folge kommen. Es passiert dann, wenn der Schmerz nicht nachläßt, sondern aufgrund der Ermüdung, der sich wehrenden Rückenmuskulatur, verstärkt.

Die Willkür unterliegt, wie es der Namen schon sagt dem Willen - das Gehirn schaltet sich ein. Und da das Pferd durch Schmerz mit Flucht reagiert, wird es unter Umständen um sein Leben rennen. Läßt der Druck nicht nach, wird es solange bocken, bis der Schmerz nachläßt und der Reiter am Boden liegt.

Ich werde jetzt nicht  erklären, wie es geht und auf was man achten muss bei einem besonders schmerzempfindlichen Pferd mit starkem Fluchtreflex und Willen, bedingt durch eine überhöhte Sensibilität und Anatomie.

Die dem Willen unterliegenden, notwendigen motorischen Nervenbahnen treten an den Wirbelkörpern nach Innen aus, also Richtung Bauch (beim Pferd nach unten). Diese Nerven stehen nicht nur mit dem Gehirn in Verbindung, sondern auch mit dem in der Nähe befindlichen Organ, deswegen nach unten. Das Organ ist auf die Zuschaltung der Nerven aus dem Gehirn angewiesen, aber das ist jetzt ein anderes Thema, hat mit Druckverlust, Durst, Essen, etc. zu tun.

Jetzt kann jeder mal googlen, was passiert, wenn wir ohne Unterlass den Bauchmuskel behacken - willkürlich oder unwillkürlich. Ganz abgesehen davon, dass wir mit unserem Gewicht das Pferd im wahrsten Sinne des Wortes auf die Nerven gehen - mit oder ohne Sattel (hier allerdings verstärkt punktuell, vergleichbar einer Akupressur).

Typische Überreizungserkrankungen von Nerven, die der Willkür unterliegen und organische Reaktionen bedingen sind Leber- und Darmerkrankungen. Die bekannteste hierzu ist beim Pferd die Kolik.

Wirbelschmerzen sind auch immer ein Hinweis auf Organerkrankungen...wie bei allen Wirbelwesen.

Nehmen wir nun doch alle mal zur Kenntniss, dass die Symbiose zwischen Pferd und Mensch nichts mit Liebe zu tun hat und dass auch unser Pferd die Arbeit mit uns genießt, sonst würde es uns nicht er-(tragen).

Begegnen wir doch endlich mal dem Pferd mit Respekt und Würde und lassen dieses einfach mal Pferd sein und nehmen zur Kenntnis, dass wir dieses Tier reiten wollen...

Ein glückliches Pferd ist ein Pferd, das in Frieden fressen, saufen und dösen darf, ohne dass ständig jemand an ihm herumzerrt, weder der Kumpel, noch der Mensch. Sie lieben die Stille und sie lieben Aufgaben. Und wenn sie verstanden haben, um was es geht, werden sie auch ihren Reiter lieben, der sich davor in Acht nehmen sollte, sein Tier nicht zu überfordern und ihm Zeit für seine Entwicklung zu lassen, ohne es zu langweilen.
 

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